Grevener Zeitung Saerbeck: „Sparen nicht bestrafen“

Grevener Zeitung Saerbeck: „Sparen nicht bestrafen“

Interview: CDU-Kandidatin Anja Karliczek tritt für mehr Selbstbestimmung ein

SAERBECK. Anja Karliczek will in den Bundestag. Für die CDU kandidiert sie im Wahlkreis Steinfurt III –ist also auch die CDU-Kandidatin für Saerbeck.GZ-Redakteur Stephan Teine sprach mit ihr über Bioenergie, Schulsysteme und das Leistungssystem für kleine Kommunen.

Die Haushalte der Kommunen werden schwer belastet. Freiwillige Ausgaben gibt es schon so gut wie gar nicht mehr. Wie kann Gemeinden wie Saerbeck geholfen werden?

Die Strukturen dürfen nicht noch weiter zusammengestrichen werden. Das wäre der falsche Weg. Die Planungen müssen flexibler und kurzfristiger gemacht werden. Ein Straßensanierungsplan darf zum Beispiel nicht mehr auf 20 Jahre festgeschrieben werden. In dieser Zeit kann sich das Leben in einer Kommune komplett verändern und an einer alten Planung vorbeilaufen. Entscheidungen sollen möglichst immer vor Ort gefällt werden. Die kleinen Einheiten dürfen nicht ausgehöhlt werden.

Ist das nicht schon eher ein liberaler Standpunkt?

Nein. Das ist genau wie bei der Sozialpolitik: Das Gemeinwesen muss im Ernstfall immer noch als Sicherheitsnetz fungieren. Es darf aber nicht als Dauerlösung angesehen werden.

Ist eine Gemeinde heute wie ein Unternehmen zu führen?

Ja, aber die Politik darf sparsames Wirtschaften nicht bestrafen. Im Gegenteil: Kommunen, die Geld sparen oder kreativ sind und neue Einnahmen finden, sollten eher noch belohnt werden. Im Moment werden sie, etwa wenn die Gewerbesteuer steigt, dadurch bestraft, dass zum Beispiel die Kreisumlagen sinken. Da müssen die Berechnungsmodelle überarbeitet werden.

Ist das nur mit einem parteilosen Bürgermeister zu machen?

Ich habe viel für einen parteilosen Bürgermeister übrig. Mit dem kann man sich leichter identifizieren, weil er eben keiner Partei angehört. Auf kommunaler Ebene sollte aber allgemein nicht zu viel Wert auf Parteigrenzen gelegt werden. Die Arbeit im Rathaus sollte lieber von Zusammenarbeit geprägt sein. Saerbeck ist dafür ein schönes Beispiel: Hier zeigt sich, wie mit Geduld und Ehrgeiz aus kleinen Anfängen eine Menge werden kann.

Wer an Saerbeck denkt, kommt an alternativen Energien nicht vorbei. Wo geht der Weg hin?

Die Energieerzeugung ist entwickelt. Wir haben genug Photovoltaikanlagen und Windräder. Jetzt muss es um Speicherkapazität gehen. Nur so ist der Wechsel zu alternativen Energien dauerhaft möglich. Das soll auch im Wahlprogramm verankert werden.

Wie stehen sie zu Subventionen für alternative Energien?

Um die Entwicklungen anzuschieben – etwa beim Hausbau – sind die durchaus sinnvoll. Wir müssen nur aufpassen, dass sie nicht aus dem Ruder laufen. Funktionierende Modelle müssen der Marktwirtschaft übergeben werden. Da muss sich die Politik herausziehen.

Stichwort funktionierendes Modell: Die Saerbecker Gesamtschule funktioniert seit bald 25 Jahren, muss sich aber gegen immer mehr Konkurrenz wehren. Wie geht es in der Schullandschaft weiter?

Ich bin für ein zweigliedriges Schulsystem. Mit einem in praktisch und ein theoretisch orientierten Zweig, die natürlich in beide Richtungen durchlässig sind. Gleichzeitig muss der Wert praktischer Arbeit wieder mehr geschätzt werden. Studium und Abitur sind eben nicht für jeden Schüler geeignet. Nur so können wir dem anstehenden Fachkräftemangel entgegen treten. Das ist aber ein sehr langfristiges Ziel.

Sie sind selbst Mutter von drei Kindern. Wie lang dürfte deren Schulweg sein?

Ab der fünften Klasse wäre ihnen eine halbe Stunde im Bus schon zuzumuten.

Das bedeutet, dass nicht jede Gemeinde eine weiterführende Schule bräuchte?

Das wäre natürlich schön. Bei drastisch sinkenden Schülerzahlen ist nur die Frage, wie das finanzierbar bleibt.

 



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